Am laufenden Band - Automatisierung


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Bei Weber Maschinenbau geht es buchstäblich um die Wurst. Seit 1986 stellt das Unternehmen Hochleistungsschneidemaschinen her, mit denen die Lebensmittelbranche Wurst, Käse oder Schinken in Scheiben schneidet. In diesem Bereich ist Weber weltweit Marktführer, das Portfolio wurde allerdings über die Jahre im Sinne der Markt- und Kundenanforderungen stetig erweitert. Heute bietet Weber Komplettanlagen, die die grammgenau portionierte Ware gleich fertig für den Handel verpacken.

Die sogenannten Slicer haben das Angebot industriell hergestellter Wurst- und Käsewaren in Supermärkten erst möglich gemacht. Mit 300 Slicern hat das Unternehmen im vergangenen Jahr mehr verkauft als alle Mitbewerber zusammen. Die Anlagen sind extrem leistungsfähig und schaffen bis zu 2.000 Schnitte pro Minute. Größere Slicer-Modelle erreichen im industriellen Produktionsumfeld einen Durchsatz von bis zu 40 Tonnen Wurst oder Käse pro Schicht. Dabei kommt es auch auf höchste Genauigkeit an. Weniger darf aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht in der Packung landen, jedes Gramm zu viel würde den Hersteller bei den großen Produktionsmengen viel Geld kosten. Mit den hochpräzise arbeitenden Anlagen von Weber können Kunden die vorgegebenen engen Toleranzen exakt ausnutzen und damit beste Produktionsergebnisse erzielen.

 

Am Leitstand hat der Bediener alles im Blick, was auf der gesamten Fertigungslinie passiert. Bild: maschine+werkzeug

Alle Weber-Maschinen sind made in Germany und werden an einem von insgesamt fünf Produktionsstandorten gefertigt. Der heute größte Produktionsstandort in Neubrandenburg wurde 1999 gegründet.

 

Die Parameter für die Zerspanung werden nach wie vor an der Steuerung der beiden Maschinen eingegeben, die auf Kundenwunsch ganz in Blau an Weber geliefert wurden. Bild: maschine+werkzeug

Weber hat eine ganze Reihe von Maschinentypen im Portfolio, konfiguriert die Anlagen aber letztendlich individuell nach Kundenwunsch. Führen bestimmte Anforderungen dazu, dass Teile der Konstruktion, wie etwa Blechteile, Achsen oder Umlenkung verändert werden müssen, dürfen die entstandenen Öffnungen aus Hygienegründen nicht einfach mit einem Blindverschluss versehen werden. Wird an einer bestimmten Stelle kein Loch benötigt, ist ein Neuteil fällig. »Wir haben einen extrem hohen Anteil an Neuteilen«, kommentiert das Robert Schwabe, Leiter Einkauf bei Weber. »Jeder, der einen Neuteilprozess kennt, weiß, was das für einen Aufwand bedeutet.«

Die nahezu ausschließlich aus rostfreiem Stahl gefertigten Slicer bestehen aus durchschnittlich etwa 2.000 verschiedenen Teilen. Die Fertigungstiefe bei Weber ist sehr groß, sogar die benötigten Schrauben werden selbst gefertigt. Allein im Drehbereich gibt es insgesamt über 14.000 unterschiedliche Teile. Neben verschiedenen Baureihen und kundenspezifischen Varianten trägt dazu auch eine Ausweitung des Geschäftsfelds bei. Hatte Weber bis vor zwei Jahren in erster Linie Schneidemaschinen gebaut, so tritt das Unternehmen jetzt als Lieferant von Komplettanlagen auf. Dazu lassen sich verschiedene Module je nach Maschinengröße und Anwendung zusammenstellen.

Um das alles auch bei wachsendem Geschäftsvolumen und zunehmendem Fachkräftemangel im Griff zu behalten, waren intelligente Fertigungslösungen für das Neubrandenburger Werk gefragt. Nach ausgiebiger Recherche und Reisetätigkeit haben die Verantwortlichen bei Weber festgestellt, dass es keine fertigen anforderungsgerechten Lösungen für die Zerspanung der benötigenden Teile auf dem Markt gibt. Kurzerhand haben sie selbst ein Konzept ausgearbeitet und sind damit an den Esslinger Werkzeugmaschinenhersteller Index herangetreten.

»Wir sind mit der Aufgabe konfrontiert worden, komplexe Werkstücke auf einer flexiblen Anlage zu fertigen«, erinnert Michael Czudaj, Leiter Vertrieb Deutschland und Österreich bei Index an die Anfänge des gemeinsamen Projekts. »Dreh-Fräszentren bieten sich an, weil damit alle notwendigen Technologien abgebildet werden können. Zudem war ein hoher Automatisierungsgrad anzustreben.« Das war bei dem gegebenen Teilespektrum weitaus kniffliger, als Weber es sich vorstellen mochte. »Am Anfang wollten wir die Eier legende Wollmilchsau: Rohmaterial vorne rein, fertiges Teil hinten raus«, schildert Carsten Toboldt, Vorarbeiter Zerspanung, das Wunschdenken. Rasch wurde klar, dass nicht alles geht, und bei Weber mussten zunächst Hausaufgaben gemacht werden. Dabei galt es, die vielen unterschiedlichen Teile in Gruppen zusammenzufassen und in einer Analyse zu bestimmen, welche Teile überhaupt automatisiert zu fertigen sind. Neben der Zerspanung waren dabei auch das Spannen, Lagern und Abführen der Teile wichtige Themen.